Die massiven Kostensteigerungen in Sachen Energie, der politische Mindestlohn von 12 € ab dem 1. Oktober sowie Personalprobleme schnüren den Tankstellen die Kehle zu. Es trifft Pächter wie Eigentümer gleichermaßen. Derweil machen sich die Mineralölgesellschaften die Taschen voll. Dieser Artikel ist ein Appell an den eloquenten Wirtschaftsminister Robert Habeck: „Herr Habeck, knöpfen Sie sich die MÖGs vor. Genug ist genug!“
Robert Habeck ist nahezu täglich als Prediger in Sachen Energiesparen unterwegs. Zur Abwechslung mal einen eisernen Besen in die Hand zu nehmen und den Mineralölgesellschaften einen Besuch abzustatten, wäre schön. Drei zentrale Forderungen des TIV liegen schon länger auf dem Tisch; jetzt heißt es handeln.:
- Die rechtlich mögliche, staatlich verordnete Mindestprovision für jeden verkauften Liter Sprit muss endlich kommen. Im Schnitt 1 EuroCent je Liter sind zu wenig und lächerlich. Mindestens zu einer Verdoppelung, eher einer Verdreifachung müssen die Mineralölgesellschaften verdonnert werden.
- Der seinerzeit von Sigmar Gabriel aufgegleist Kodex für das Tankstellengeschäft muss belebt werden. Schiedsgerichtsverfahren müssen zwingend werden, wenn eine Seite das Schiedsgericht anruft. Das Freiwilligkeitsprinzip spielt den MÖGs in die Hände.
- Das „System Tankstelle“ mit Knebelverträgen, überteuerten Einkaufskonditionen und undurchsichtig berechneten Umsatz- und Tankstellenpachten muss endlich aufgebrochen werden. Es geht nicht an, dass die Mineralölkonzerne fette Gewinne einfahren und das Risiko sowie die Kosten bei den Eigentümern und Pächter der Tankstellen abladen – und das auch noch Partnerschaft nennen.
Warum fasst der TIV diese zentralen Forderungen der vergangen Jahre derart plakativ zusammen? Weil die Lage ernst ist, verdammt ernst und wohl demnächst noch ernster wird. – Reden wir mal über Kosten:
Kostenblock Zapfsäulen: Mindestens die Hälfte, nahezu drei Viertel des Strombedarf an einer Tankstelle entsteht durch die Pumpen, mit denen die Zapfsäulen laufen, schätzen Betreiber. Wenn der Strom ausfällt, geht an der Tankstelle gar nichts mehr. Notstromaggregate fehlen in der Regel. Statt bisher rund 23 Cent Kosten pro Kilowattstunde zeichnen sich 50 bis 60 Cent ab. – Aber in Sachen Spritprovision bewegen sich die MÖGs nicht. Nur rund 20 Prozent der Einnahmen einer Tankstelle sind von den Sprit-Provisionen gedeckt.
Kostenblock Wärme: Nur um es zu erwähnen, der Wärmebedarf einer Tankstelle, die mit Öl heizt, hat in der Vergangenheit rund 2.500 Euro ausgemacht, aktuelle stehen Summen bis zu 7.000 Euro im Raum. Verantwortungsvolle und klug rechnende Eigentümer denken jetzt über Grundwasser- oder Luft-Wärmepumpen nach, doch die Kosten dafür beginnen bei 100.000 Euro. Von den MÖGs sind Konzepte zur dauerhaften Einsparung von Energie und Kosten sind zugunsten der verpachteten Tankstellen nicht bekannt.
Tipp der MÖGs: Angesprochen auf die Kostenexplosionen, raten die Mineralölgesellschaften ihren Partnern die Preise zu erhöhen. Dort wo Umsatzpachten kassiert werden, ist dieser Ratschlag zum eigenen Vorteil. Ohnehin ist der Einkauf an der Tankstelle im Marktvergleich zu teuer. Das liegt an den hohen Einkaufspreise, die den Pächtern und Eigentümern zugemutet werden und darin stecken mutmaßlich satte Zwischenprovisionen zu Gunsten der MÖGs. Statt den Partner zu Preiserhöhungen zu raten, wären günstigere Einkaufskonditionen oder die Freigabe des Einkaufs auch eine Option um wettbewerbsfähig zu bleiben, oder?
Kosten- und Risikoblock Personal: Am 1.1. 2022 lag der Mindestlohn noch bei 9,82 Euro, dann kam der Schluck aus der Pulle am 1. Juli mit 10,45 und am 1.Oktober werden es dann 12 Euro sein. Diese Entwicklung wollte die Politik; die paritätisch besetzte Mindestlohnkommission blieb außen vor, was der TIV nachdrücklich missbilligt. Der neue Mindestlohn wird nach oben durchdrücken. TIV-Pächter haben ausgerechnet, dass sich der Kostenblock „Personal“ pro Tankstelle im Jahr 2022 um rund 25.000 Euro erhöhen wird, allein durch die Mindestlohnanpassung; die Lohnerhöhung für Beschäftigte in höheren Lohngruppen noch nicht mitgerechnet. Hinzu kommt fehlendes oder wegbrechendes Personal. Etwa die Hälfte der neu gewonnen Beschäftigten halten nicht durch, wollen die schwierigen Arbeitszeiten nicht stemmen, verdienen anderorts (z.B. bei Sicherheitsunternehmen) mehr oder empfinden die Arbeit als zu stressig.
TIV-Pächter und Eigentümer schätzen übereinstimmend, dass trotz dieses Kostendrucks, trotz dieser Gemengelage die Marge der Mineralölgesellschaften immer noch im Schnitt bei rund 25 Cent je verkauftem Liter Sprit liegt, die Mitnahmen und Übergewinne im Zusammenhang mit dem Tankrabatt nicht eingerechnet. – Wie gesagt: Herr Habeck, übernehmen Sie!
Würden die Mineralölgesellschaften Tankstellen selbst betreiben, müssten sie nach den Tarifen der chemischen Industrie bezahlen. In einer Analyse des „Systems Tankstelle“ hat der TIV schon 2018 darauf hingewiesen, wie lukrativ es ist, mit Pächtern und Eigentümern zu arbeiten, denen Pachten abgeknöpft werden und die durch enge Geschäftspläne ihre Beschäftigten und sich selbst kurz halten müssen.