! Kartellrechtswidrige Einkaufskonditionen !

Es knirscht hörbar. Endlich! Tankstellenpächter rebellieren gegen die Einkaufsbedingungen für die Shops. Wut und Unmut sind an der Tagesordnung. Der TIV hat juristisch nachgehakt.

Insbesondere die Pächter von Aral und Shell laufen Sturm gegen die „Leibeigenschaft bei den Einkaufsbedingungen“, wie der Vorsitzende des Tankstellen-Interessenverbandes, Peter Hengstermann, drastisch formuliert. Die Wut der Pächter hat TIV-Geschäftsführer Dr. Jochen Wilhelm vorhergesehen. Nicht nur auf Pächter-Treffen schwappt der Unmut hoch.

Auch beim TIV eingehende Telefonate von Mitgliedern geißeln vielfach die Einkaufskonditionen der Gesellschaften. Der TIV hat vor Monaten ein Gutachten bei einer renommierten Anwaltskanzlei für Kartellrechtsfragen zur Rechtmäßigkeit der Shop-Einkaufskonditionen in Auftrag gegeben.

Vernichtende Kritik

Der Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Gutachtens könnte passender nicht sein, denn es platzt mitten hinein in die wegen der Einkaufsbedingungen aufgeheizte Stimmung gerade unter den Aral- und Shell-Pächtern. So bleibt es nicht nur bei geharnischten Protestnoten des TIV und wütenden Pächter-Flüchen, weil die Kasse dank REWE-to-Go oder wegen Carissa nicht mehr stimmt. Das Gutachten ist ein mächtiges Werkzeug, denn es formuliert eine vernichtende, kartellrechtliche Kritik an den Praktiken der Mineralölgesellschaften im  Zusammenhang mit den „Knebelverträgen rund um das Shop-Geschäft der Tankstellenpächter“, so TIV-Geschäftsführer Dr. Jochen Wilhelm.

Das Gutachten

Das Gutachten ist branchenrelevant, denn die bisherige Politik der MÖGs wird dadurch breitflächig ausgehebelt. Das Gutachten endet u.a. mit folgender Zusammenfassung:

  • Darüber hinaus kommt ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung oder jedenfalls relativen Marktmacht der betreffenden Mineralölanbieter in Betracht. Ein solcher Missbrauch liegt zum einen vor, wenn Tankstellenbetreiber aufgrund der gegebenen Kräfteverhältnisse eine Ausschließlichkeitsbindung in den Geschäftsbedingungen der Mineralölanbieter akzeptieren müssen, die sie ohne die Marktmacht der Anbieter nicht akzeptiert hätten (Konditionenmissbrauch). Zum anderen ergibt sich ein Missbrauch, wenn Mineralölanbieter die Tankstellenbetreiber verpflichten, zusätzlich zu den von ihnen gelieferten Kraftstoffen Leistungen von den Mineralölanbietern oder von diesen benannten Dritten zu beziehen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Bezug von Kraftstoffen stehen.
  • Soweit es sich bei den Tankstellenbetreibern um Pächter von Betriebsflächen der Mineralölanbieter handelt, sind zwar die berechtigten Interessen der Mineralölanbieter hinsichtlich der Sortimentsbreite und den Öffnungszeiten der Tankstelle zu berücksichtigen. Ein Interesse daran, dass der Pächter die von den Mineralölanbietern festgelegten Produkte bei bestimmten Händlern bezieht, ist jedoch in aller Regel nicht schutzwürdig. Dies gilt umso mehr, wenn die Einkaufspreise der Tankstellenbetreiber bei dem vom Verpächter benannten Großhändler für eine Vielzahl von Produkten deutlich höher sind als die ortsüblichen Weiterverkaufspreise im stationären Einzelhandel.
  • Die Mineralölanbieter nutzen vorliegend die wirtschaftliche Abhängigkeit der Tankstellenbetreiber im Hinblick auf Kraftstofflieferungen aus, um ihnen als Zweitgeschäft die Belieferung mit Ware für den Tankstellen-Shop aufzudrängen. Ein hinreichender Sachzusammenhang zwischen Erstgeschäft und Zweitgeschäft besteht nicht. Die Tankstellenbetreiber werden vielmehr unangemessen benachteiligt. Dies gilt insbesondere dann, wenn Tankstellenbetreiber ihren Shop mit teurerer Ware bestücken müssen und eine niedrigere Gewinnspanne haben, als dies mit Ware von Drittanbietern der Fall wäre („Ausplünderungseffekt“).

Der TIV wird nunmehr in mehrfacher Hinsicht juristisch aktiv werden.